Tafernwirtschaft Albang
Spricht man in Obermurach vom „Wirt“, ist damit die Familie Albang gemeint, die auf eine mehrere Jahrhunderte lange Wirtshaustradition zurückblicken kann. Gleich rechter Hand am Dorfeingang steht das große Gebäude mit der Aufschrift „Tafernwirtschaft Albang“, in welchem sich in vergangener Zeit ein Großteil des politischen und gesellschaftlichen Dorflebens abspielte. Es führt heute die Haus-Nr. 19, bis 1994 trug es die Haus-Nr. 2 in Obermurach. Leider teilt es das Schicksal von so vielen Traditionsgaststätten unserer Heimat, welche heute verwaist und leer stehen. Ein Grund, einmal der Geschichte des Hauses nachzuspüren.
Bei einer Taferne handelt es sich um ein Wirtshaus, das besondere Privilegien, aber auch Verpflichtungen besaß. Im Gegensatz zu einer einfachen Bierschenke durften dort neben Bier, Wein und Branntwein auch warme und kalte Speisen verabreicht, teilweise auch weitere Waren verkauft werden und Taufen, Hochzeiten, Leichenmahle sowie verschiedene Tanzveranstaltungen stattfinden. Tafernen waren aber auch verpflichtet, Reisenden eine Herberge zu bieten und ihre Fuhrwerke und Zugtiere unterzustellen. Das Recht, eine Taferne zu führen wurde vom Landesherrn verliehen und wurde in der Regel an den Anwesensnachfolger vererbt.

Tafernwirtschaft Albang zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Allererste Spuren einer Taferne in Obermurach finden sich in einer Musterungsliste des Pflegamtes Murach aus dem Jahr 1587 sowie in einer Steuerliste aus dem Jahr 1606. Dort finden wir einen Wirt Endres Franckh, der für seine Taferne einen Gulden, einen Schilling und drei Pfennige Abgabe zur Sankt Nikolai-Kirche im Schloss Haus Murach zu zahlen hatte. Außerdem hatte er die Verpflichtung, für den Pflegbeamten ein Pferd zu halten. Diese Verbindlichkeit geht zurück auf ein mittelalterliches Burghüter-Dienstlehen, so dass das Anwesen schon auf eine noch wesentlich längere Geschichte zurückgeführt werden kann. Der Nachfolger des Endres Franckh hieß Hanns Meindl. In einem Steuerverzeichnis aus dem Jahr 1630 findet sich 1 Taferne und Bräustatt, die Wolf Pelckhofer, Pfleger zu Waldmünchen, unterstand, deren Betreiber ist jedoch nicht genannt.
Es kann allerdings nicht festgestellt werden, wo diese Taferne genau stand. Ausgehend vom Familiennamen Meindl wäre es möglich, dass sich diese auf dem Anwesen der Familie Eckl (alte Hs.-Nr. 27, neue Hs.-Nr. 13) befand. Dieser Hof wird im Häuser- und Rustikalsteuerkataster aus dem Jahr 1811 „Meindlhof“ genannt. Am 11.7.1795 übergab ein Georg Wolfgang Meindl seinen Hof an seinen Schwiegersohn Hanns Wolfgang Sallomon, 1842 heiratete ein Johann Eckl in den Hof ein. Das Eckl-Anwesen liegt unweit der zentralen Dorfstraße und unmittelbar dahinter befindet sich der ehemalige Dorfbrunnen, der für den Brau- und Wirtshausbetrieb von größter Bedeutung war. Spekulieren könnte man in diesem Zusammenhang auch über den Hausnamen „Beckerbauer/Bäckerbauer“, der schon im 18. Jahrhundert erwähnt wurde. In früheren Zeiten übten Wirte und Bierbrauer teilweise auch das Bäckerhandwerk aus, sind doch Getreide und Hefe die Grundlage für Brot wie für Bier. Das Anwesen Rupp dagegen, welches heute noch unter dem Hausnamen „Meindl“ bekannt ist, dürfte weniger in Frage kommen. Dessen Lage wäre ungünstiger für einen Gasthof. Auf diesem Anwesen lebten bis 1738 die Bauerseheleute Johann und Katharina Meindl, eventuell bestand eine Verwandtschaft zum „Beckerbauern“. Das Anwesen übernahm deren Schwiegersohn Thomas Albang, ein Sohn aus dem Wirtshaus Albang. Da in den nächsten Generationen oft männliche Nachkommen fehlten, kamen die Familiennamen Schmiedl, später Härtl, zuletzt Rupp auf das Anwesen. In diesem Zusammenhang ist auch der Hausname „Kimbauer“ oder Kimmerbauer (alte Hs.-Nr. 5, jetzt 18) interessant. Kimmer oder Kufner nannte man früher die Fassmacher. In einer Steuerliste von 1606 wird ein „Kufner“ Hans Scheinagl genannt, der Hausname könnte noch ein Relikt aus dieser Zeit sein.
Albang, eine Familie mit Tradition
Der Name Albang als Gasthausbesitzer taucht erstmals zu Beginn des 18. Jahrhunderts auf. Im Verlauf des Spanischen Erbfolgekriegs (1701 – 1714) kam es um 1705/06 zum Oberpfälzer Bauernaufstand, bei dem auch Angehörige des Amtes Murach eine bedeutende Rolle spielten. Der Anstiftung verdächtig waren unter anderen die Söhne des Andreas Brunner, der Knecht des Wirtes Ulrich Albang und der Sohn des Wirtes Hammerer aus Obermurach. Man verhaftete sie und verbrachte sie nach Amberg. Die Väter mussten eine schwere Geldstrafe von 1.000 Talern zahlen.
Leider konnte zu einem Wirt Hammerer nicht viel Näheres in Erfahrung gebracht werden. Der Familienname Hammerer wurde bis 1756 auf dem „Groupert-Hof“, dem Anwesen Lintl (alte Hs.-Nr. 3, jetzt Hs.Nr. 20) geführt. Karl Lintl, der noch viele Begebenheiten aus der Dorfgeschichte kennt, erzählt, nach Aussagen seines Vaters soll auf seinem Anwesen früher ein Wirtshaus gestanden haben. In der Pfarrmatrikel von Oberviechtach (vorhanden ab 1713) ist allerdings nichts von einem Wirt zu lesen, sondern die Hammerer waren Bauern bzw. Schneider. Das Groupert-Anwesen erwarb Mitte des 18. Jahrhunderts ein Bruder des Wirtes Johann Georg Albang, der kurioserweise ebenfalls Johann Georg hieß, (der Wirt hatte den Rufnamen Johann, der Bauer den Rufnamen Georg), beides Söhne von Johann Leonhard Albang, dem Nachfolger von Ulrich Albang. Der Name Lintl kam erst 1897 auf Hs.-Nr. 3. Der dortige Hausname wird 1811 mit „Wirtskrupet“ angegeben. Die untere Schlosspoint (das Grundstück unterhalb des Bushäusls) wird 1768 von beiden Brüdern Albang gemeinsam aus dem churfürstl. Pflegamtsbesitz erworben. Auf dem Lindl-Anwesen ist an der Dorfstraße noch der Eingang zu einem ehemaligen Bierkeller zu sehen. Wann dieser erbaut wurde, ist nicht bekannt. Sicher wurde er spätestens nach dem Kauf von (Johann) Georg Albang als Bierlager für das Wirtshaus benutzt. In den 1970er Jahren wurde der Eingang zugemauert.

Eingang zum ehemaligen Bierkeller
Der Wirt Ulrich Albang begegnet uns auch in einer Anklage von Bürgervertretern des Amtes Murach aus dem Jahr 1720 über den Pflegkommissar Klausewitz. Es wird berichtet, dass dieser die Tochter des Albang der „Unkeuschheit“ bezichtigt hatte, ohne dass es zu einer Gerichtsverhandlung kam. Albang, der dies abstritt, war nicht bereit, sich mit dem Pflegskommissar zu einigen. Daher ließ ihn dieser, obwohl der Wirt schon ein „alter, ergrauter und krüppelhafter Mann“ war, mit Händen und Füßen in den sog. Stock schließen (fesseln) und bei großer Kälte im Hausflur des Amtshauses über fünf Stunden lang einsperren. Als ein Verwandter, Franz Hoch, für ihn um Gnade bat, begab sich der Beamte persönlich ins Amtshaus, wo er Albang angebunden, aber auf einem Schemel sitzend vorfand. In seinem Jähzorn schlug Klausewitz ihm den Schemel unter dem Leib weg und Albang und Hoch bezogen Prügel. Auch vom Knecht des Pflegskommissars, Schnög, wird berichtet, dass dieser den Wirt und seine Familie mehrfach schikaniert und sogar mit Messer und Flinte bedroht haben soll. Ein Sohn des Ulrich Albang heiratete 1726 die Tochter des Müllers Johann Nißl von der Nißl- oder Knaumühle. Der Familienname Albang wird seither bis zum heutigen Tag dort geführt.
Eine weitere Erwähnung der Taferne finden wir 1749, als der Freiherr von Sazenhofen auf Fuchsberg eine Anklage gegen den damaligen Pflegskommissar Kazner (1731 – 1755) einreichte. Darin klagt er Kazner an, durch seinen Umzug von Obermurach nach Oberviechtach sei dem zu Haus Murach aufgestellten Tafernwirt ein Einnahmeausfall entstanden, welcher letztendlich zu einem Schaden in der Landeskasse führte. Zu dieser Zeit (spätestens seit 1728) führte bereits Ulrichs Sohn Leonhard Albang die Taferne. Dieser übergab 1757 das Anwesen für 2500 Gulden an seinen Sohn, den bereits oben erwähnten Hanns (Georg) Albang. Ein weiterer Sohn des Leonhard Albang kaufte 1765 den Stoffelhof in Höflarn. In diesem Zusammenhang wird auch die Brautätigkeit der Familie erwähnt.
Bier und Brauwesen
Leider sind nur wenige Daten über die Obermuracher Brauerei vorhanden. Nach oben genannter Steuerliste wurde schon zur Zeit des 30jährigen Krieges hier gebraut. Nicht bekannt ist, wann dem Anwesen Albang dieses Recht verliehen wurde. Das Brauhaus stand laut dem Liquidationsprotokoll von 1839 auf einem Grundstück, welches sich zwischen den Anwesen Eckl und Albang befand, welches jetzt zum Anwesen Albang gehört und mit dessen Rinderstall bebaut ist. Es soll aber auch erwähnt werden, dass sich das Brauhaus nach Karl Lintls Angaben unterhalb der „Point“ gleich hinter dem jetzigen Parkplatz befunden haben soll. Dafür ließen sich aber keine schriftlichen Belege finden.
Das Brauwesen war bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts stark reglementiert, überwiegend war es nur dem Adel und den Klöstern gestattet, Brauereien zu betreiben. Auch in Städten und Märkten gab es Brauereien. In der Oberpfalz gab es daneben noch das Kommunbraurecht, wo Bier für den Eigenbedarf und zum Ausschank in der direkten Nachbarschaft gebraut werden durfte. In unserer Gegend war in Oberviechtach, Schönsee und Winklarn ein weitläufiges Kommunbrauwesen vorhanden. In einer um 1840 angelegten Liste werden allein im Markt Oberviechtach nicht weniger als 58 brau- und schenkberechtigte Bürger genannt, die dieses Recht meistenteils seit „unfürdenklicher Zeit“ ausübten. Abgesehen von den 5 dort vorhandenen Tafernen wurde das Gebräu in Privathäusern ausgeschenkt. Landrichter Anton v. Nagel berichtet dazu „Da diese Bürger in der Regel nichts haben als eine Wohnstube und höchstens eine kalte Kammer, während auf den unverschlossenen Dachräumen Knechte und Mägde ihre Schlafstellen durcheinander haben, so ist diese Wohnstube auch die gewöhnliche Zechstube und die kleinen wie die großen Kinder befinden sich unter den Gästen, welche sich natürlich nicht scheuen, ihre gewöhnlich unlauteren Gespräche in Gegenwarten dieser Kinder zu pflegen und ihre oft unanständigen Handlungen und Handgriffe zu vollziehen.“ Weiter klagt er: „In anderen Gegenden Bayerns kauft man Bier, dass die Leute etwas zu trinken haben. Hier trinkt man, um das von seinem Nachbarn schlecht oder gut fabrizierte Bier wieder aus dem Keller zu bringen.“ Der Oberviechtacher Magistrat rühmte sich seinerzeit eines guten Bieres, Nagel dazu „… ist es wohl keine Kunst, aus allen in der Umgegend erzeugten Bieren das bessere zu haben, weil alle schlecht sind.“
Die Brauerei Albang in Obermurach hatte dagegen eine amtliche Braukonzession. Das Wirtsgut besaß (und besitzt) die radizierte, d.h. auf dem Anwesen ruhende „Brauereigerechtsame und Taferngerechtigkeit“. Der benötigte Hopfen wurde links vom Weg nach Nottersdorf angebaut, die Grundstücke Fl.Nr. 101 und 102 oberhalb der Abzweigung Richtung Kätzelsried trugen den Flurnamen Hopfenackerl, bzw. Hopfenacker. 1760 berichtet der Pflegsverwalter Ehrnlechner über fünf vorhandene Braustellen, die amtlicherseits kontrolliert wurden und Abgaben (Biersteuer) zum Pflegamt Murach entrichteten: Markt Viechtach, Berg Murach (Obermurach), Niedermurach, Fuchsberg und Pertolzhofen. Die Obermuracher Brauerei war darunter die kleinste. In einer Beschreibung aus dem Jahr 1788 wird der Bierausstoß in den amtlichen Brauereien im Amtsbezirk Murach aufgelistet. Demnach wurden in der Herrschaft Schönsee (Bräustatt Stadlern) 455 Eimer Bier gebraut (ein Eimer entsprach in Bayern 64 Liter), in der Hofmark Fuchsberg 251 Eimer, in der Hofmark Pertolzhofen 313 Eimer, in der Hofmark Niedermurach 199 Eimer, in der Hofmark Pullenried 360 Eimer und in der Pfleggerichtlichen Bräustatt Obermurach 79 Eimer. Zu dieser heißt es „Diese besitzt der daselbstige Würth Georg Albang. Obiger Albang gibt unter dem Raiffen kein Bier ab, sondern verschleißt alles in seinem Wirthshause“. Im Gegensatz zu den anderen genannten Brauereien braute Albang also nur für den Eigenbedarf. Laut der Übergabeverträge von 1757 bzw. 1795 wurde auch eigener Branntwein hergestellt.
Am 26. Januar 1795 übergab Johann Georg Albang, Wirth zu Haus Murach, sein Wirtshaus samt Braustatt und landwirtschaftlichem Grund an seinen Sohn Johann Albang um 4750 Gulden. Kurz nach 1800 dürfte die Brauerei eingestellt worden sein. Dies stand sicher mit der Auflösung des hiesigen Pflegamtes in Zusammenhang, mit welcher auch ein erheblicher Absatzrückgang zu verzeichnen war, u. a. wegen Wegzug der örtlichen Beamten, Wegfall von Parteiverkehr und auch allmählichem Rückgang der Einwohneranzahl Obermurachs. Schon 1839 wird von einer verfallenen Brauhausmauer berichtet, welche in einem Baumgarten auf dem Grundstück Fl.Nr. 81 steht.
Um diese Zeit wird der Wirtshof beschrieben als „ein gemauertes Haus und Stall, Schweinestall, hölzerner Stadel und Schupfen sowie ein Saamgarten mit Backofen“. Es war das größte Anwesen im gesamten Dorf mit rund 45 Tagwerk Ackerland zuzüglich Wiesen und Wald (ein sog. ¾ Hof). Am 20.1.1840 übernahm Peter Albang das Anwesen und das Wirtshaus von seiner Mutter Katharina, der Witwe von Johann Albang. Peter Albang erhielt am 10.9.1852 eine persönliche Konzessionsurkunde zur Ausübung des Wirts-Gewerbes. Seine Frau hieß Barbara, geb. Deierl. In der Nacht vom 29. auf den 30. Juni 1850 ereignete sich in Obermurach eine verheerende Brandkatastrophe, die auch das Wirtsanwesen in Mitleidenschaft zog. In der Scheune des Maurerbauern Mathias Krämer, damals Hs.-Nr. 8 (jetzt Hs.-Nr. 11) war Feuer ausgebrochen, welches sich rasch nach Osten hin ausbreitete. Neun Anwesen wurden in dieser Nacht ein Raub der Flammen. Peter Albang erhielt von der allgemeinen bayerischen Brandversicherungsanstalt eine Entschädigung von 4100 Gulden.

Dorfansicht mit dem Wirtshaus, ca. 1960
Am 15.03.1868 trat Johann Albang das Erbe des elterlichen Betriebs an. Er erhielt seine persönliche Konzession am 12.3.1872. Allerdings stellte er am 27.12.1876 den Wirtshausbetrieb ein. Als Grund dafür gab er an, dass zwei Jahre vorher die Bierwirtschaft Krieger auf Hs.-Nr. 11 (jetzt 10) eröffnet wurde und sich die Ausübung zweier Wirtschaften im Dorf nicht rentieren würde. Außerdem sei seine Frau krank geworden und er habe „keine besondere Lust“ zur Führung des Wirtshauses mehr. Seine Frau Katharina, eine geborene Seigner, verstarb 1879.
Albang und Albang, zwei Wirte in Obermurach
Mathias Krieger von Hs.-Nr. 11 übergab seine Schankwirtschaft 1886 an seinen Schwiegersohn, der ebenfalls Johann Albang hieß (auch Alwang geschrieben). Dieser stellte am 31. Juli 1886 Antrag auf Zulassung bzw. Weiterbetrieb. Er war ein Nachkommen des Leonhard Albang aus Höflarn, die beiden Kontrahenten waren also weitläufig verwandt. Doch nun hatte auch Johann Albang auf Haus-Nr. 2 wieder Interesse an einem Wirtshausbetrieb. Am 1. August 1886 stellte er ebenfalls einen Antrag auf Bewilligung zur erneuten Ausübung der Tafernwirtschaft.
Der Gemeindeausschuss musste sich nun entscheiden, welche Wirtschaft er befürworten wollte. In einer ersten Sitzung waren die Gemeinderäte noch uneinig. Johann Albang (von Hs.-Nr. 2) war seit 1882 Bürgermeister von Obermurach, die Beratung und Abstimmung erfolgte daher unter Vorsitz des Beigeordneten Steger. Am 15. August 1886 erzielte man aber dann doch einen einstimmigen Beschluss zu Gunsten des Bürgermeisters Albang, da dessen Lokalität besser geeignet erschien. (s.a. Artikel zur Schankwirtschaft Krieger auf Hs.-Nr. 11). In der Stellungnahme der Gemeindeverwaltung an das Bezirksamt wird bescheinigt, dass der Bürgermeister „ein ordnungsliebender Mann ist, welcher weder dem Trunk noch dem Spiele oder der Unsittlichkeit keinen Vorschub leisten werde, derselbe besitzt in jeder Beziehung einen ausgezeichneten Leumund und kann deshalb sein Gesuch bestens begutachtet und befürwortet werden.“
Das Bezirksamt Neunburg v.W. stellte daraufhin fest, dass zwar auf dem Anwesen das Tafernwirtschaftsrecht ruht, aber die 1872 erteilte persönliche Konzession aufgrund der Betriebsunterbrechung ungültig geworden war. Zunächst wurden nun die vorhandenen Gebäudlichkeiten gründlich geprüft, ob diese einem ordnungsgemäßen Gasthausbetrieb genügen würden. Der Gebäudebeschreibung ist zu entnehmen, dass sich das Gastzimmer rechts vom Eingang befand, von diesem aus konnte man in ein Nebenzimmer und in die Küche gelangen. Links vom Eingang befand sich ein Tanzsaal mit den Ausmaßen 6,40 x 5,30 m, dahinter lag ein schmaler Raum mit einem großen Kamin, eventuell die frühere Rauchkuchl, sowie ein unbeheizbares Wohnzimmer. Im Dachgeschoß stand ein Fremdenzimmer zur Verfügung. Unter dem Gebäude befanden sich die gewölbten, aus Bruchstein errichteten „Winterkeller“. Auch wird von einem Sommerkeller berichtet, der teils in Ziegeln gewölbt, teils in Felsen geschlagen war. Leider wird dessen Lage nicht ausdrücklich genannt, es kann aber angenommen werden, dass damit der Keller auf der gegenüberliegenden Straßenseite gemeint war. Die Behörde beanstandete insgesamt 16 Punkte, meistenteils bauliche Gegebenheiten, die gemäß den bestehenden Vorschriften zu verbessern waren. Unter anderem war „in unmittelbarer Nähe des Hauses ein Abort mit Pissoir herzustellen“ und im Kuhstall ein Stand für zwei Pferde einzurichten. Auch sollte am Hause ein Wirtsschild angebracht werden. Vorbehaltlich der Erfüllung dieser Auflagen wurde die persönliche Konzession zum Betrieb der Wirtschaft am 9.11.1886 erneut erteilt.
Mathias Krieger aus Haus-Nr. 11 nahm es dem Bürgermeister offensichtlich sehr übel, dass die Wirtschaft seines Schwiegersohnes zugunsten der Taferne keine Zulassung mehr erhalten hatte. Im April 1887 zeigte er den Bürgermeister beim königl. Amtsgericht Oberviechtach an, in vier Fällen gebäudliche Änderungen vorgenommen zu haben, ohne vorher die erforderliche baupolizeiliche Genehmigung eingeholt zu haben. Der Wirt hatte unter anderem ein Schienengewölbe in seiner Stallung eingebaut und dafür das vorhandene Bogengewölbe abgerissen sowie einen Teil der Stadelmauer erneuert. Das Schöffengericht Oberviechtach belegte ihn dafür mit einer Geldstrafe von 4 Mark oder alternativ einer Haftstrafe von 2 Tagen. Für die Errichtung einer Göppelschupfe und die Herstellung einer Jauchegrube ohne Genehmigung wurde dem Wirt weiterhin 1 Mark Geldstrafe oder alternativ 1 Tag Haft auferlegt und er musste die Gerichtskosten übernehmen. Dabei machte man ihm besonders den Vorwurf, dass man von einem Bürgermeister derlei Übertretungen nicht erwarten dürfe.

Das Wirtshaus vor dem Brand von 1947
Im Februar 1888 beklagte das Bezirksamt, dass noch nicht alle auferlegten Gebäudeänderungen am Wirtshaus vorgenommen worden waren. Der Obermuracher Beigeordnete bzw. stellvertretende Bürgermeister Wolfgang Schwindler (der „Koppmüllner“) wurde angewiesen, den Vollzug innerhalb von 14 Tagen zu überwachen. Das fehlende Wirtshausschild wurde auch noch 1891 moniert. Albang musste daher eine „Ungehorsamsstrafe von 5 Mark“ leisten. Er äußerte dazu, dass der beauftragte Schmiedemeister Süß dieses noch nicht fertiggestellt habe, obwohl es schon längst bestellt war und teilte – sichtlich verärgert – mit, dass ein „Wirthschaftszeichen neben der Eingangsthür gegen der Ortsstraße angehängt bez. angebracht, welches Zeichen seit undenklichen und auch noch zur jetzigen Zeit auf dem Lande üblich“ ist. Dieses Zeichen bestand in einem Reifen, der an einem Stab befestigt war, er malte es in seinem Schreiben auf. Am 1.5.1896 wurde der Wirt auch noch zu einer Geldstrafe von 8 Mark wegen „unbefugter Veranstaltung einer Tanzmusik“ verurteilt.
Die Tradition wird fortgesetzt
Laut notarieller Beurkundung erwarb am 13.10.1896 der Wirtssohn Johann Albang jun. das Wirtsanwesen, gelangte aber nach eigenen Angaben erst am 1.1.1900 „in den vollkommenen Besitz“. Auch er stellte nun Antrag auf die Genehmigung zur Führung des Gastbetriebs. Der Gemeinderat unter Vorsitz des Beigeordneten Beck – Albang sen. hatte zu dieser Zeit das Bürgermeisteramt noch inne – befürwortete den Antrag „aufs Beste, da der Gesuchsteller einen ausgezeichneten Leumund besitzt“ und „da auf der Lokalität seit unvordenklicher Zeit die Gast- bzw. Tafernwirtschaft darauf betrieben und ausgeübt wurde.“ Wieder ließ das Bezirksamt das Wirtshaus erst begutachten und hatte einige Punkte zu beanstanden, meist handelte es sich dabei nur um kleine Reparatur- und Malerarbeiten, aber es wurde auch verlangt, den Verbindungsweg im Hof zwischen Gasthaus und Abort mittels eines Wetterschutzdaches geeignet zu überdecken. Das wollte Albang allerdings nicht ausführen, da dadurch das einzige Fenster in seiner Küche verdeckt worden wäre. Aufgrund einer entsprechenden Anfrage erklärte Albang auch, auf die Verabreichung von Wein, kalten und warmen Speisen sowie Beherbergung von Fremden werde er verzichten, weil der Absatz derselben sowie auch der Fremdenverkehr derzeit unerheblich sei, „da in nächster Nähe der Markt Oberviechtach ist, wo hinlänglich die beste Gelegenheit geboten ist, selbes zu erhalten“. Demnach waren es also hauptsächlich Stammgäste aus dem Dorf und der nächsten Umgebung, die bei den Wirtseheleuten Johann und Anna Albang, geb. Lohrer, einkehrten und dort ihr Bier tranken. Am 20.3.1900 erhielt Albang jun. die Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft, d.h. er durfte nur Bier und Branntwein ausschenken, vorbehaltlich der Erfüllung der gestellten baulichen Auflagen. In einem Gemeindevisitationsbericht aus dem Jahr 1924 bescheinigte das Bezirksamt „Das geräumige Gastzimmer der einzigen und gut geführten Wirtschaft ist sehr reinlich gehalten. Der Bierpreis ist angeschrieben, die Abortanlage ist gemauert und entspricht den Bedürfnissen“. Über der Haustür prangte ein Metallband mit dem Schriftzug „Tafernwirtschaft Johan Albang“. Links von der Haustür wurde auf einem Schild hingewiesen, dass sich hier das Bürgermeisteramt befand.

Hochzeit von Ludwig und Margarethe Albang, geb. Schmitzer, 1929
Moderne Zeiten
In der Zeit von 1902 bis 1904 wurde die Bahnlinie Nabburg-Oberviechtach errichtet, welche auch den Gemeindebezirk Obermurach tangierte. Johann Albang stellte am 29.06.1903 Antrag, in diesem Bereich eine Kantine zur Bewirtung der Bahnarbeiter errichten zu dürfen. Das Bezirksamt Oberviechtach gestattete daraufhin die Errichtung einer Bretterhütte mit Sitzplätzen, in welcher Bier, Wurst und Käse ausgegeben werden durfte. Der Bierausschank durfte ausschließlich an die Beschäftigten beim Bahnbau erfolgen und musste abends nach 19 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen unterbleiben. Ausdrücklich verboten wurde der Ausschank von Branntwein. Die Genehmigung war auf die Dauer des Bahnbaus befristet. Vermutlich lag diese Kantine im Bereich der Haltestelle Niedermurach, die ja auf Obermuracher Gemeindegebiet lag. Eine weitere Arbeiterkantine wurde im September 1903 bei der Steinmühle eingerichtet und vom Oberviechtacher Metzger und Bierwirt Johann Gresser betrieben. Dieser handelte allerdings ohne vorherige Genehmigung und erhielt daher eine Anzeige wegen unbefugter Gewerbsausübung. Die Gendarmeriestation Oberviechtach berichtete dazu: „Gresser hierüber befragt gab an, dass zu ihm der Gastwirt Johann Albang in Obermurach gesagt habe, er habe durch Herrn Bezirksamtmann die Erlaubnis erhalten, dass im Gemeindebezirk Obermurach außer ihm noch ein zweiter nämlich Gresser eine Kantinenwirtschaft betreiben könne und war daher letzterer in gutem Glauben, es wäre die distriktspolizeiliche Erlaubnis hiezu erteilt. Johann Albang, welcher, wie es scheint, die Sache sehr leicht nimmt, gab auf Befragen an, dass er beim Bezirksamtmann um die Erlaubnis zum Betriebe einer zweiten Kantine nachgefragt habe und er Herrn Bezirksamtmann nicht recht verstanden haben müsse…“ Das Bezirksamt bemerkte dazu „Albang und Gresser ist doch so viel Einsicht zuzutrauen, dass, wenn alle übrigen Kantinenwirte eine Konzession nötig haben, Gresser hievon nicht befreit sein kann!“ Gresser erhielt schließlich noch seine Genehmigung.
Im Obermuracher Wirtshaus erfolgte 1937 ein weiterer Generationenwechsel, als Anton Albang mit seiner Ehefrau Katharina, geb. Salomon, das elterliche Gasthaus übernahm. Diesmal wurde die Gemeindeverwaltung nicht mehr um Stellungnahme gebeten, sondern gemäß der nationalsozialistischen Gepflogenheit die Gauverwaltung Bayerische Ostmark um ihr Einverständnis angefragt. Nachdem auch kein Eintrag im Strafregister zu verzeichnen war und die Gendarmerie in Oberviechtach bestätigt hatte, dass „im Sinne des Gaststättengesetzes belastendes nicht bekannt“ war wurde eine zunächst bis 15.2.1940 befristete Erlaubnis erteilt. Albang erhielt noch die Auflage, an einem Gastwirtelehrgang der deutschen Arbeitsfront teilzunehmen. Aus den Genehmigungsunterlagen ist auch zu entnehmen, dass „das Gasthaus von der Bewohnerschaft Obermurachs als beliebtes Stammlokal aufgesucht wird“ und die Wirtschaft „seit dem 16. Jahrhundert“ bestehen soll. Der jährliche Bierausschank wird angegeben mit 125 hl im Jahr 1936, 110 hl in 1937 und 117 hl in 1938. 1937 kostete die Halbe Bier 58 Pfennig. Trotz der Befristung blieb das Wirtshaus auch über 1940 hinaus geöffnet, brauchte man ja doch einen Versammlungsort im Dorf, wo neben der Pflege von Geselligkeit auch Lokalpolitik betrieben werden konnte.
Das Bürgermeisteramt hatte der Vater Johann Albang (der Jüngere) seit 1933 nicht mehr inne, denn er war – so wird jedenfalls mündlich überliefert – nicht Mitglied der NSDAP. Das Hinweisschild „Bürgermeister“ wurde abgenommen, anstelle dessen wies eine Tafel darauf hin, dass sich im Gasthaus etwa ab Mitte der 1930er Jahre ein öffentlicher Fernsprecher befand. Dieser Fernsprecher war noch bis ca. 1980 in Funktion. Von dort aus konnten die Dorfbewohner gegen eine geringe Gebühr wichtige Anrufe tätigen, z.B. die Hebamme oder einen Arzt im Notfall verständigen. Auch mehr oder weniger wichtige Nachrichten an die Dorfbewohner, sowie öffentliche oder private Telegramme wurden über diesen Apparat durchgegeben. Der Wirt sandte gegebenenfalls einen Boten zu der Empfängerfamilie, der die Information überbrachte. Erst in den 1980er Jahren verfügten die meisten Häuser über einen eigenen Telefonanschluss. Auf dem Dach des Hauses wurde auch eine Sirene installiert, diese leistete ihren Dienst bis ca. 2015 eine Sirene am örtlichen Feuerwehrhaus angebracht wurde. In den letzten Jahren war dazu noch ein Feuermelder neben der Haustüre der Wirtschaft angebracht worden.

Hochzeit von Anton und Katharina Albang, geb. Salomon, ca. 1935
Der 2. Weltkrieg brachte wie für so viele auch für die Wirtsfamilie großes Leid, kehrte doch Karl, ein Bruder aus der zahlreichen Geschwisterschar des Anton Albang nicht mehr in die Heimat zurück. Im Februar 1947 am Fastnachtssonntag suchte eine weitere Katastrophe das Anwesen heim. In der Gastwirtschaft entstand ein Brand, der die Räume links vom Eingang zerstörte. Zu dieser Zeit logierte eine Familie Mühlbauer im Gasthaus, die Mutter war in der Gastwirtschaft „Bergblick“ (1935 bis 1950 von den Eheleuten Fischer betrieben, späteres Arbeiterwohlfahrtheim) tätig. Nach mündlicher Überlieferung fiel der neunjährigen Hannelore Mühlbauer beim Nachheizen Glut aus dem Holzherd, welche den hölzernen Fußboden entzündete. Bei diesem Unglück starb die eineinhalbjährige Helga Mühlbauer.
Nach diesem Brand wurde das Haus in veränderter Form wieder instandgesetzt. Fotos aus den 1930er Jahren zeigen das Gebäude noch einstöckig und mit einem Dachgiebel auf der Eingangsseite. Beim Umbau wurde das Haus nun um ein Stockwerk erhöht. Ob bei dieser Gelegenheit der ehemalige „Tanzsaal“ zur eigentlichen Gaststube wurde oder ob dies schon früher der Fall war, ist nicht mehr bekannt. Man betrat nun das Gastzimmer links nach der Haustüre. Der Gastraum wurde mit einer Bretterwand abgetrennt, dahinter lag die Küche. Von dort aus gelangte man in einen weiteren Wirtschaftsraum und ins Treppenhaus, rechts der Eingangstüre befand sich der Wirtshaussaal, der die gesamte Südseite des Hauses einnahm. Der Saal wurde mittels eines Holzofens beheizt, der mittig im Raum stand. Eine Zentralheizung gab es nicht. Die Toiletten befanden sich auf der Hofseite und waren nur von außen zu betreten, eine Überdachung sorgt dabei für Schutz bei Regen und Schnee. Über der Eingangstür steht nun in angeschraubten Lettern geschrieben „Tafernwirtschaft Albang“. Zum Ausschank kam Bier der Winklarner Brauerei Betz, angeblich wurde in früheren Zeiten auch Fuchsberger Bier ausgeschenkt.
1963 wurde der Wirt Anton Albang zum Bürgermeister von Obermurach gewählt. Dieses Amt bekleidete er bis zur Gebietsreform im Jahr 1972, als die Gemeinde Obermurach ihre Selbständigkeit verlor. Die Wirtschaft Albang war für das lokalpolitische Leben im Dorf über lange Zeit von enormer Wichtigkeit. Wohl von Anbeginn des Gasthausbetriebes werden sich die Männer des Dorfes nicht nur zur Gesellschaft, sondern auch zu Besprechungen in gemeinschaftlichen Angelegenheiten des Dorfes hier versammelt haben. Seit den ersten Tagen der Gemeindebildung Obermurachs zu Beginn des 19. Jahrhunderts dürften nahezu sämtliche Gemeinderatssitzungen, Gemeinschaftsversammlungen, Armen- und Ortsausschusssitzungen, Kassenprüfungen usw. in den Räumen des Hauses abgehalten worden sein. Gemeinderatssitzungen wurden in der Regel nur dann in einem Privathaus abgehalten, wenn der Wirt und Bürgermeister selbst in einem anliegenden Beratungspunkt betroffen war. Aus dem Jahr 1857 wird uns von einem Gerichtlichen Schlichtungstermin bezüglich der Obermuracher Wasserversorgung berichtet, welcher im „Peter Albangschen Wirtshause“ stattfand. Es darf als sicher angenommen werden, dass in diesem Haus die Gründung der Pflichtfeuerwehr (1878) sowie der Freiwilligen Feuerwehr Obermurach (1906) stattfand und bis 2017 wurden sämtliche Feuerwehrversammlungen und -gesellschaftsveranstaltungen hier abgehalten. Für öffentliche und private Informationsveranstaltungen jeglicher Art, insbesondere die Landwirtschaft betreffend z.B. die Flurbereinigungsversammlungen, war hier der einzige geeignete Ort vorhanden. Nicht vergessen werden soll auch, dass die Familie Albang bis in die 1960er Jahre den Gemeindestier hielt.
Das letzte Kapitel?
1978 verstarb Anton Albang und hinterließ das Wirtsanwesen seinen drei Kindern Johann, Michael Robert und Hildegard. Die beiden unverheirateten Geschwister Johann und Hildegard führten das Wirtshaus gemeinsam, bis Johann 1984 verstarb, danach führte Hildegard das Haus allein weiter. Zu Beginn der 1980er Jahren begann auch hier wie überall das „Wirtshausgehen“ abzunehmen. Zwar traf man sich noch im Wirtshaus zu Versammlungen und Veranstaltungen mehrmals im Jahr, aber nur wenige Stammgäste kehrten regelmäßig hier ein und die Besuche aus den Nachbardörfern nahmen drastisch ab. In den späteren Jahren war das Wirtshaus während der Woche geschlossen und nur noch am Freitagabend für die Schafkopfspieler und am Sonntagvormittag für die Frühschoppenbesucher geöffnet. (Michael) Robert hatte sich an der Straße nach Obermurach ein Wohnhaus gebaut und lebte dort mit seiner Familie bis zu seinem Tod 2005. Er dirigierte lange Jahre die Stadtkapelle Oberviechtach und so umrahmte dieser Klangkörper in den 1960er und 1970er Jahren viele Veranstaltungen in Obermurach.

Robert Albang (mit Trompete) bei der Einweihung des Oberviechtacher Gymnasiums 1966
Kaum zu ermessen ist oder besser war die Bedeutung des Obermuracher Dorfwirtshauses für das gesellige Leben und den Dorfgemeinschaftsgeist. Gern und regelmäßig kehrten die Männer aus Obermurach am Wochenende zum Schafkopfspielen und Singen in fröhlicher Runde hier ein. Regelmäßig traf man hier auch Besucher aus den Nachbardörfern und Ausflügler aus Oberviechtach. Oft genug wurde es spätabends, bis die Zecher den Weg nach Hause fanden. Mitunter stellte der Wirt zu später Stunde einfach noch einen Kasten Bier unter den Tisch, ging ins Bett und überlies die angeheiterte Gesellschaft sich selbst. Herausragende Ereignisse im Dorfleben stellten Kirchweihfeier, Faschingsball, Preisschafkopf oder Christbaumversteigerung dar, an denen fast die gesamte Obermuracher Bevölkerung teilnahm. Die Jäger und Treiber versammelten sich jährlich nach der Treibjagt beim „Wirt vom Haus“, auch Jagdversammlungen und Jagdessen waren feste Termine. Besondere Feste wie Hochzeiten und Tauffeiern beschränkten sich allerdings auf die engere Wirtsverwandtschaft. Eine der letzten Feiern war im November 2017 der 100. Geburtstag von Anton Ernstberger, der erste dieser Art in Obermurach.
Am 30.12.2017 verstarb Hildegard Albang, die „Wirtshilde“, die letzte Bewohnerin des Anwesens. Dieses erbte nun ihr Neffe Michael, der Sohn von Michael Robert, der zwar die Landwirtschaft auf diesem Anwesen fortführt, nicht jedoch den Gastbetrieb. Das Wirtshaus war noch 2018 an einigen Tagen geöffnet, Bärbel Albang, der Witwe von Michael Robert bewirtete dabei die Gäste. Mit dem Jagdessen im Januar 2019 endete schließlich der traditionsreiche Betrieb der Tafernwirtschaft Albang in Obermurach.
Die Dorfgemeinschaft hat zwar zum Glück einen neuen Treffpunkt im Dorfgemeinschaftshaus, dem ehemaligen Arbeiterwohlfahrtsheim, gefunden, das ab 2002 restauriert wurde. Aber ein richtiges Dorfwirtshaus ist eben doch noch etwas anderes. Noch immer erinnert man sich im Dorf gern an so manchen Schwank, den man dort erlebte, an die gemütliche schlichte Gaststube mit dem Jagdkalender an der Holzwand und den eingerahmten Karten eines „Solo tout“ neben der Eingangstüre, oder an den Saal mit dem Holzofen, der immer wieder von einem der Herumsitzenden mit Scheiten gefüttert wurde, bis bei den Nächstsitzenden der Schweiß ausbrach, während man am anderen Ende des Saales gern seine dicke Jacke anbehielt. Wie beeilte man sich, wenn man im Winter den kalten Abort aufsuchen musste und doch war es an vielen Abenden so schön, dass mancher Besucher erst beim ersten Hahnenschrei den Weg nach Hause antrat. Vieles davon passt wohl nicht mehr in unsere Zeit. Trotzdem bleibt der Wunsch, dass sich eines Tages wieder ein Unerschrockener finden wird, der die langjährige Tradition des Obermuracher Dorfwirthauses fortsetzt.

In der Wirtsstube (Aufnahme 2017) Am Kopfende sitzend: Michael Albang, stehend Bärbel Albang
Quellen:
Zinnbauer, Zins- und Steuerbücher des Pflegamtes Murach, Bd. 5 und 6 sowie Amtsinhaber des Pflegamtes Murach, Bd. 6 und Bd. 8, Bd. 13
Heindl, Hausnamen Obermurach
Kultur u. Geschichte im Landkreis Schwandorf, Bd. 16/17: Weingärtner, Der Stoffelhof in Höflarn
Mages, Historischer Atlas Bayern, Heft 61
StAAm Amt Murach 49, Kataster Neunburg, Auszug aus den Briefprotokollen der Jahre 1788 bis 1808 Steuerdistrikt Obermurach Nr. 96, Briefprotokolle Oberviechtach v. 1769, Nr. 55, LGäO Oberviechtach Nr. 198, Ausübung der Kommunbrau- und Schankrechte
Renoviertes Grundsteuerkataster der Steuergemeinde Obermurach, Liquidationsprotokoll v. 12.1.1839
Beilage zum Kgl. Regierungsamtsblatt Nr. 30, geleistete Brandentschädigungen
StAAm BA Neunburg Nr. 383 Betrieb einer Gastwirtschaft im Hause Nr. 2 in Obermurach 1871 – 1900 sowie BA Oberviechtach Nr. 1948 Antrag auf Erlaubnis ab 1937
StAAm Briefprotokolle 1757 Nr. 47 und 1795 Nr. 81
Autorin: Hedwig Pamler (Stand 7/2024)